Skimpflation: Wenn die Qualität leidet

Hier wird an wertvollen Zutaten gespart

Finanzwissen 5 min Lesedauer 15.11.2023
Skimpflation

Verbraucher*innen hatten es in den letzten Jahren im Supermarkt nicht leicht: Aufgrund der Inflation stiegen nicht nur die Preise, sondern es wurde auch an den Füllmengen der Produkte gedreht. Das Geschäft mit der Mogelpackung, bekannt als Shrinkflation, hat für viel Ärger gesorgt.

Nun beobachtet die Verbraucherzentrale Hamburg ein weiteres Phänomen: Skimpflation. „Skimp“ kommt aus dem Englischen und heißt „knausern“ oder „einsparen“. Und genau darum geht es bei der Skimpflation: Bei der Herstellung von Lebensmitteln wird gespart – und zwar an wertvollen Zutaten. Diese werden durch günstigere Alternativen ersetzt. „Lebensmittelkonzerne nutzen die Inflation aus, um Verbraucher*innen schlechtere Qualität unterzujubeln”, bemängelt auch Laura Knauf von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Neu sei das Phänomen allerdings nicht, sagt Armin Valet, Lebensmittelexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Doch die Verbraucherschützer haben in letzter Zeit immer mehr Hinweise auf Rezepturänderungen erhalten.

Hier wird an wertvollen Zutaten gespart

Wo kommt es überall zur Skimpflation? Die Verbraucherzentrale Hamburg hat verschiedene Produkte genauer unter die Lupe genommen und alte sowie neue Rezepturen miteinander verglichen. Hier konnten die Verbraucherschützer das Phänomen feststellen:

  • Bei dem Mischstreichfett Kærgården von Arla wurde der Anteil an Butter und Rapsöl reduziert und stattdessen noch mehr Wasser hinzugefügt.
  • Aldi Nord reduziert bei seiner gefüllten Schokolade Amandes von Moser Roth den Anteil des Marzipans von 45% auf 38%.
  • Nestlé ersetzt bei seinen Cini Minis das Sonnenblumenöl durch Palmöl.
  • In dem Rahmspinat mit frischer Sahne von Penny ist 21% weniger Spinat drin. Stattdessen wurde dem Produkt mehr als 10% Wasser und etwas mehr Sahne zugesetzt.
  • Beim Vanilleeis Gut & Günstig von Edeka wurde Schlagsahne durch Kokosfett ersetzt.

Zur gesamten Liste der Verbraucherzentrale.

Warum kommt es zur Skimpflation?

Ähnlich wie bei der Shrinkflation scheint es auch bei der Skimpflation um Gewinnmargen zu gehen. Die Verbraucherzentrale Hamburg äußert den Verdacht: „Die Unternehmen möchten auf diese Weise Kosten einsparen – auch wenn sie ihren Kundinnen und Kunden, die dann schlechtere Produkte konsumieren, meist etwas anderes weismachen wollen.” Denn laut Verbraucherschützer begründen viele Hersteller die Rezepturänderungen mit den „Wünschen” der Kundschaft. 

Ungesund? Diese Auswirkungen haben neue Rezepturen

„Skimpflation ist in erster Linie ein Qualitätsproblem und eine Täuschung“, sagt Knauf. Doch sind die Produkte deshalb ungesünder? In den meisten Fällen gebe es laut Valet keine gesundheitlichen Auswirkungen. Aber: „Wenn zum Beispiel Sonnenblumenöl durch Palmöl ersetzt wird, enthält das Lebensmittel mehr gesättigte Fettsäuren“, erklärt die Expertin Knauf. Deshalb hat sich beispielsweise der Nutriscore der Cini Minis verschlechtert und ist von C auf D abgerutscht. „Hier ist vor allem der Vorwurf, dass man Sonnenblumenöl seit gut einem Jahr wieder zum normalen Preis kaufen kann und Nestlé trotzdem am Palmöl festhält”, fügt Valet hinzu. Denn als Sonnenblumenöl aufgrund des Ukrainekriegs zeitweise nicht erhältlich war, sind viele Hersteller auf Palmöl oder Palmfett umgestiegen – bis heute.

So können Sie die Trickserei erkennen

Leider ist Skimpflation meistens nur durch Zufall zu erkennen, sagt Valet. Das Dilemma: Um eine Veränderung an der Rezeptur zu erkennen, benötigt man die alte Verpackung zum Vergleich. Außerdem haben Markenprodukte laut Valet einen hohen Vertrauensvorschuss: „Jemand, der das Produkt schon seit vielen Jahren kauft, guckt nicht bei jedem Einkauf, ob sich etwas an der Rezeptur verändert hat oder nicht.“ Deshalb gebe es eine hohe Dunkelziffer. Doch Valet gibt ein paar Hinweise, bei denen Verbraucher*innen genauer hinschauen können:

  • Wenn auf der Verpackung steht „Neue Rezeptur“.
  • Wenn sich die Verpackung optisch verändert hat.

Skimpflation ist nicht verboten

Auch wenn Skimpflation für Verbraucher*innen ärgerlich ist: Verboten ist die Taktik nicht. „Es ist nicht vorgeschrieben, dass Unternehmen draufschreiben müssen, wenn sie die Rezeptur verändert haben“, erklärt Valet. Lediglich das Lebensmittelrecht müsse eingehalten werden. Der Verbraucherschützer gibt ein Beispiel: „Margarine etwa ist ein geschützter Begriff und muss mindestens 80% Fett enthalten. Es ist durchaus üblich, dass Hersteller weniger Fett reinmachen und stattdessen streichfähiges Wasser dazugeben.“ In dem Fall müsse aber die richtige Bezeichnung „Streichfett“ heißen und die Zutatenliste angepasst werden. „Diese Dinge finden im Kleingedruckten statt“, bemängelt Valet.

Wie kann man sich gegen den Trend wehren?

Doch was kann man gegen Skimpflation tun? „Wenn Vorgaben des Lebensmittelrechts eingehalten werden, dann wird es schwierig“, sagt Valet. Die letzte Konsequenz sei, das Produkt nicht mehr zu kaufen. Er sieht die Ohnmacht der Verbraucher*innen und fordert: „Es müsste ein deutlicher Hinweis auf Rezepturänderungen geben, damit so etwas nicht klammheimlich passieren kann.“

Laut Knauf muss sich noch etwas ändern: „Wir sind der Meinung, wenn hochwertige Zutaten durch minderwertigere ersetzt werden, sollte sich das mindestens im Preis des Produkts widerspiegeln.”

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Illustration eines Smartphones unter der Lupe