Smarter investieren mit KI

KI behält den Depot-Überblick

Geldanlage 4 min Lesedauer 11.10.2023
Blonde Frau mit Sonnenbrille schaut auf ihr Smartphone

Kann Künstliche Intelligenz (KI) Anlegenden wirklich helfen, die richtige Investment-Entscheidung zu treffen? Die Antwort: ein klares Jein! Nicht immer sind die Empfehlungen der KI sinnvoll. Aber: Die Maschinen lernen in rasantem Tempo dazu. Und vor allem, wenn es um große Datenmengen geht, behalten Computer eher den Überblick.

Investierende, die ihr Glück bei ChatGPT versuchen, werden ernüchtert sein. Ganz offensichtlich erkennt die KI ihre Grenzen, denn auf die Frage nach einer deutschen Aktie, deren Kauf sich lohnt, heißt es: „Als KI-basierte Sprach-KI kann ich keine persönliche Finanzberatung geben. Es ist wichtig, dass du dich vor dem Kauf einer Aktie gründlich informierst und deine eigenen Recherchen durchführst. Du könntest beispielsweise die Finanznachrichten verfolgen, die Unternehmensberichte lesen und die Performance der Aktien in der Vergangenheit analysieren. Es kann auch hilfreich sein, einen Finanzberater zu konsultieren, der dir bei der Auswahl einer geeigneten deutschen Aktie helfen kann, die deinen individuellen Anlagezielen und deiner Risikotoleranz entspricht.“

Allerdings: Immer mehr Banken und Investment-Häuser setzen „intelligente“ Maschinen ein, um Entscheidungen in Sachen Wertpapiere zu treffen. Der größte Vorteil der Computer: Die Geräte können viel schneller große Datenmengen durchforsten, Muster erkennen, Trends und Trendumkehrsignale entdecken sowie Käufe oder Verkäufe anstoßen. Bereits jetzt meint fast ein Drittel der für eine Studie (Retail Investor Beat Study von eToro) befragten Aktionärinnen und Aktionäre, KIs könnten bessere Entscheidungen treffen als professionelle – menschliche – Fondsmanager. Das sieht Ben Laidler, einer der Verantwortlichen für die eToro-Studie anders: „Die Technologie ist bei weitem nicht fehlerfrei und das erste Beispiel eines KI-gestützten ETF hat deutlich unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielt.“

Besser als Fondsmanager?

Aktuell werden die Maschinen beispielsweise in folgenden Bereichen eingesetzt:

1. Hochfrequenzhandel: Menschen denken nach, zögern womöglich, treffen Entscheidungen aus dem Bauch heraus – der Computer agiert sachlich und extrem schnell. Wenn es um Sekundenbruchteile geht, sind die Maschinen dem Menschen deshalb haushoch überlegen. So weit geht das Argument „Zeitgewinn“, dass aufs schnelle Geschäft spezialisierte Investmentgesellschaften ihre Büros wegen der schnelleren Datenverbindung möglichst dicht an den physischen Börsen einrichten – jede Millisekunde zählt.

2. Untersuchung des Anlageverhaltens: Welches Wertpapier passt zu mir? Zur Beantwortung dieser Frage müssen Investierende einerseits den Überblick über Tausende von Aktien, Fonds und Zertifikaten behalten – das ist kaum möglich. Andererseits können viele mit einer objektiven Bewertung von Titeln überfordert sein. Computer dagegen können mit KI anhand der persönlichen Situation der Anlegenden eine „optimale“ Empfehlung errechnen, die sich zum Beispiel an Risikoneigung oder Anlagehorizont orientiert. Im besten Fall kauft die Maschine die Papiere dann auch gleich zu möglichst niedrigen Preisen.

3. Aufspüren von Risiken: Eine an der Universität Ulm entwickelte Software deckt im Depot lauernde Gefahren auf. Ziel ist es, die Portfolios „durch risikobewusste Entscheidungen zu optimieren“. Interessant ist dabei vor allem, woher die KI ihre Erkenntnisse zieht: Sie nutzt nicht zuletzt unstrukturierte Daten aus den Sozialen Medien.

4. Analyse von Berichten: Viele Banken füttern KIs bereits mit Geschäftsberichten und Bilanzen von Aktiengesellschaften. Aber: Nicht nur die Zahlenwerke analysieren die Computer. Auch der sogenannte Freitext wird nach Schlüsselbegriffen durchsucht. Aus deren Auftreten und dem sprachlichen Kontext schließen die Maschinen dann auf positive oder negative Geschäftsentwicklungen.

5. Kontrolle von Zahlen: Die Computer erweitern selbstständig ihre Fähigkeiten, indem sie ständig gesammelte Daten, getroffene Entscheidungen und tatsächliche Ergebnisse abgleichen – sie lernen. Dabei werden sie auch dazu trainiert, Fundamentaldaten zusammenzutragen und auszuwerten. So entstehen automatisierte Investment-Empfehlungen, die auf klassischen Bewertungskriterien beruhen, etwa Dividendenrenditen und Kurs-Gewinn-Verhältnissen, aber auch auf makroökonomischen Einflussfaktoren wie dem Ölpreis oder Arbeitsmarktdaten.

Menschliche Intelligenz nötig

Obs hilft? Immerhin greift etwa jeder zehnte Privatanlegende bei seinen Entscheidungen bereits auf KI zurück, so die Studie von eToro. Weitere 39 Prozent könnten sich eine entsprechende technische Unterstützung vorstellen. Laut einer Umfrage der Kommunikationsagentur Edelman Smithfield nutzt bereits etwa ein Drittel der teilnehmenden institutionellen Investierenden lernende Maschinen. Zwei Drittel halten dabei die cleveren Computer für verlässlich. Aber es gibt auch mahnende Stimmen wie die von Amundi-Chefin Valérie Baudson: „Hinter jeder wichtigen Entscheidung muss es immer auch noch menschliche Intelligenz geben.“

Autor: Kai Makus

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