Sylter Testament vs. Berliner Testament
Das Sylter Testament ist eine flexible Alternative zum Berliner Testament – aber wann genau ist es die bessere Wahl?
Sylter Testament vs. Berliner Testament
Welches Testament die bessere Wahl ist.
Die Gestaltung des letzten Willens ist eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben. Doch viele Menschen sind sich unsicher, wie und in welcher Form sie ihr Vermögen weitergeben sollen. Zwei Varianten der Testamentserstellung, das Berliner Testament und das Sylter Testament, kommen besonders häufig in Frage. Beide haben ihre Vor- und Nachteile, die im Hinblick auf Steueroptimierung, Erbschaftssteuer und die finanzielle Absicherung der Erbinnen und Erben von Bedeutung sind.
Was ist ein Sylter Testament und wie unterscheidet es sich vom Berliner Testament?
Unter einem Sylter Testament versteht man ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten, in dem diese wechselseitig die Kinder als alleinige Erben einsetzen. Der überlebende Ehegatte oder die überlebende Ehegattin kann über sogenannte Vermächtnisse, das heißt die Zuwendung bestimmter Vermögenswerte, abgesichert werden.
Beim klassischen Berliner Testament hingegen setzen Ehegatten oder -gattinnen sich wechselseitig als alleinige Erben ein, sodass sich das gesamte Vermögen zunächst bei dem/der Überlebenden sammelt. Die Kinder erben erst im sogenannten Schlusserbfall, also nach dem Tod beider Eheleute.
„Bei beiden Testamenten handelt es sich jeweils um gemeinschaftliche Testamente, die es Ehepaaren erlauben, ihren letzten Willen gemeinsam zu verfassen“, sagt Lisa M. Sönnichsen, Notarin in Hamburg und Mitglied des Vorstands der Hamburgischen Notarkammer.
Wann ist ein Sylter Testament die bessere Lösung?
Bei einem so sensiblen Thema wie der Testamentsgestaltung sind pauschale Aussagen, welche Gestaltung die bessere ist, schwierig, weil immer die individuellen Umstände des Einzelfalls und die persönlichen Vorstellungen der Eheleute für die Gestaltung des Testaments maßgeblich sind.
„Grundsätzlich eignet sich das Sylter Testament für Ehegatten, die wechselseitig nicht auf das Vermögen des anderen Ehegatten angewiesen sind, um im Alter finanziell abgesichert zu sein, die also jeweils über ausreichend eigenes Vermögen verfügen“, erklärt Sönnichsen. In diesen Fällen kann das Sylter Testament zu einer geringeren Belastung der Erbinnen und Erben durch die Erbschaftsteuer führen, weil das zu vererbende Vermögen beim Übergang auf die nächste Generation nur einmal von den erbenden Kindern versteuert werden muss.
Auch in Patchwork-Familien kann das Sylter Testament empfehlenswert sein, wenn die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen vermieden werden soll und die Eheleute ihr jeweiliges Vermögen nur an ihre leiblichen Kinder vererben möchten. Da die Erbenden nach den gesetzlichen Vorgaben für die Abwicklung eines Nachlasses verantwortlich sind, kann das Sylter Testament auch dann vorteilhaft sein, wenn die Eheleute bereits betagt sind und die Abwicklung des Nachlasses den Überlebenden oder die Überlebende überfordern könnte.
Was sollte man vor der Entscheidung für eines der beiden Testamente beachten?
Ganz wichtig ist, dass ein gemeinschaftliches Testament in der richtigen Form errichtet wird, damit es nach dem Tod auch gültig ist. Nach den gesetzlichen Vorschriften kann ein Testament eigenhändig, das heißt komplett handschriftlich durch die Ehegatten, oder durch notarielle Niederschrift errichtet werden.
„Bei der Entscheidung, welche Testamentsform gewählt wird, sollte bedacht werden, dass es sich bei der inhaltlichen Gestaltung eines Testaments um eine komplexe Materie handelt und das Konfliktpotential zwischen Familienangehörigen im Erbfall zumeist groß ist. Deswegen ist das eigenhändige Verfassen eines Testaments häufig nicht die beste Wahl, auch wenn es auf den ersten Blick unkompliziert und kostengünstig erscheint“, erklärt Sönnichsen.
Um sicherzustellen, dass der im wahrsten Sinne des Wortes letzte Wille im Erbfall rechtssicher umgesetzt werden kann, sollten sich Eheleute vor dem Erstellen eines Testaments daher unbedingt rechtlich beraten lassen – das geht zum Beispiel in einem Notariat. Unabhängig von Ortsvorlieben oder schablonenartigen Gestaltungen können die Eheleute dann entsprechend ihrer jeweiligen Lebenssituation entscheiden, welche letztwilligen Verfügungen gewünscht werden.