Testamentsvollstreckung: Das steckt dahinter
So wird der letzte Wille umgesetzt
In Deutschland gibt es viel zu erben: Jeder zehnte Erwachsene hat in den vergangenen 15 Jahren entweder geerbt oder eine größere Schenkung erhalten. Laut Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung lag die durchschnittliche Erbschaft vor zwei Jahren bei etwas mehr als 85.000 Euro, die Schenkungen betrugen im Schnitt 89.000 Euro.
Oft ist es aber gar nicht so leicht, den Nachlass zu regeln. Gründe dafür können beispielsweise sein:
- Eine komplexe Familienstruktur: Dazu zählen Patchwork-Familien, Angehörige mit Behinderung, minderjährige oder auch verschuldete Erbende sowie Familienmitglieder im Ausland,
- eine komplizierte Vermögenstruktur, bestehend beispielsweise aus Immobilien, Luxusgütern, Vermögen im Ausland und Stiftungen,
- ein zu vererbendes Unternehmen ohne geregelte Nachfolge und
- absehbare Streitereien unter den Erbenden.
Grundsätzlich gilt: Wer das Vermögen wie erhält, das regelt das Erbrecht. Die darin enthaltenen Regelungen passen aber nicht für jede Familien- und Vermögenssituation, was zu Streitigkeiten führen kann. Um das Erbe im Sinne des Verstorbenen aufzuteilen, kommen Testamentsvollstrecker*innen ins Spiel.
Wer beauftragt die Testamentsvollstreckung?
Damit Testamentsvollstecker*innen aktiv werden können, müssen sie zunächst beauftragt werden. Wer ist dafür zuständig? „In den allermeisten Fällen ordnet der Erblasser – also die Person, die das Erbe hinterlässt – noch zu Lebzeiten in ihrem Testament eine Testamentsvollstreckung an“, sagt Eberhard Rott, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT). Eine andere – deutliche seltener genutzte – Möglichkeit ist, dass die Erbengemeinschaft gemeinsam entscheidet, eine externe Person mit einer Nachlassvollmacht auszustatten.
Wird der/die Testamentsvollstrecker*in in das Testament mitaufgenommen, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Der/die Erblasser*in schreibt in sein Testament lediglich, dass eine Testamentsvollstreckung angeordnet wird. „Dieser Fall ist nicht optimal, da dann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker aussuchen muss, der mit dem Erbe gar nicht vertraut ist“, sagt Rott.
- Der/die Erblasser*in benennt eine*n konkrete*n Testamentsvollstrecker*in. „Diesen sucht er sich schon vorab aus, bespricht das Erbe mit ihm und gibt ihm so die Möglichkeit, schon im Vorfeld das Vermögen und die Familienverhältnisse kennenzulernen“, so der AGT-Vorstand.
Von den etwa 20 bis 25% der Menschen, die ein Testament machen, ordnen wiederum etwa 5 bis 10% eine Testamentsvollstreckung an, schätzt Rott. Der Anwalt für Erb- und Steuerrecht rät den Erblasser*innen, etwa alle fünf Jahre über ihr Testament nachzudenken und gegebenenfalls den/die Testamentsvollstrecker*in über Änderungen in den Vermögens- oder familiären Verhältnissen zu informieren.
So finden Sie geeignete Testamentsvollstrecker*innen
„Grundsätzlich bedarf es keiner gesonderten Berufsausbildung, um als Testamentsvollstrecker zu arbeiten“, stellt Rott klar. „Der Erblasser kann auch jemanden aus der Familie bestimmen oder beispielsweise einen Versicherungsvertreter, Steuerberater oder Rechtsanwalt. Auch Banken bieten Testamentsvollstreckung an.“ Die AGT führt eine Testamentsvollstreckerliste, auf die es nur Personen schaffen, die auch zertifiziert sind und etwa Mindeststandards in Ausbildung, Versicherung, Erfahrung und Fortbildung nachweisen können.
Ist ein*e Testamentsvollstrecker*in gefunden, wird sich diese*r vorab ein Bild von dem Vermögen machen und persönliche Dinge besprechen. „Dazu kann auch gehören, dass der Testamentsvollstrecker Passwörter erhält und im Todesfall Daten auf einer Festplatte löscht. Oder wenn beispielsweise Kryptowährung vorhanden ist, sollte vorab besprochen werden, wo diese gespeichert ist und wie man an sie rankommt“, sagt Rott. „Es kommt auch vor, dass posthum mit dem Erbe eine Stiftung gegründet werden soll – auch das kann vorab mit einem Testamentsvollstrecker geregelt werden.“
Das passiert nach dem Todesfall
Nach dem Tod wird der/die Testamentsvollstrecker*in vom Nachlassgericht informiert und setzt sich anschließend mit den Erbenden in Verbindung. Im Bürgerlichen Gesetzbuch steht dazu in Paragraf 2205: „Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zu verwalten. Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen.“ Das bedeutet aber auch: Die Erbenden haben so lange keinen Zugriff auf das Erbe, bis ihnen der/die Testamentsvollstrecker*in ihren Anteil zuweist.
Es gibt zwei Arten der Vollstreckung:
- Bei einer Dauervollstreckung ist der/die Testamentsvollstrecker*in bis zu 30 Jahre lang, in Einzelfällen auch noch länger, etwa bis zum Tod des Erben, für den Nachlass zuständig. Diese Variante wird oft gewählt, wenn Vermögen für Minderjährige oder Erbende mit Behinderung zu verwalten ist.
- Die Abwicklungsvollstreckung hingegen ist einmalig angelegt.
Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Testamentsvollstreckung ist das Erstellen eines Nachlassverzeichnisses – samt etwaiger Schulden. „Dabei kann es beispielsweise auch darum gehen, über einen Gutachter abzuschätzen, was etwa die Koi-Karpfen wert sind. Es werden aber auch Grundstücke geschätzt, geschaut ob und wie Immobilien vermietet sind und gegebenenfalls Steuerberater oder Makler hinzugezogen“, sagt Rott. Bei der Verteilung des Erbes muss der/die Testamentsvollstrecker*in dann die Anweisungen des/der Erblasser*in in seinem Testament berücksichtigen.
„Der Testamentsvollstrecker legt einen schriftlichen Plan über die Erbverteilung an und gibt den Erben Gelegenheit zur Stellungnahme“, erklärt Rott das Vorgehen. Die Ansagen sind allerdings rechtlich gültig – wenn die Erbenden nicht einverstanden sind, müssen sie vor Gericht dagegen klagen. Wer sich um einen Pflichtanteil betrogen fühlt, der muss diesen bei den anderen Erbenden bilateral geltend machen.
Was kostet das Ganze?
Wird die Testamentsvollstreckung bereits zu Lebzeiten des/der Erblasser*in verfügt, werden vorab vereinbarte Beratungshonorare fällig. „Für die Zeit danach bestimmt der Erblasser in seinem Testament, wie der Testamentsvollstrecker vergütet wird“, sagt Rott. „Man könnte auch reinschreiben, dass der Testamentsvollstrecker nichts bekommt, aber da wird es dann schwierig, jemanden zu finden, der das übernimmt. Denn jeder kann das Amt auch ablehnen.“ Üblich ist laut AGT-Vorstand, im Testament auf eine angemessene Vergütung zu verweisen. Das kann ein Stundensatz, aber auch ein Prozentsatz des Erbes sein. Im Zweifel sollte die Vergütung schon zu Lebzeiten mit dem/der Testamentsvollstrecker*in besprochen und im Testament verankert werden.