Mit Vollgas durch die Transformation
Wie sich die Automobilbranche verändert
Deutschland gilt seit Jahrzehnten als Autoland. Wie wichtig die Automobilbranche hierzulande ist, zeigen nicht nur die Umsätze der Hersteller und Zulieferer, sondern auch die Zahl der Beschäftigten in diesem Industriezweig – es sind nahezu 800.000. In den vergangenen Jahren haben aber vor allem die Digitalisierung, Elektrifizierung und Automatisierung einen grundlegenden Wandel in dem Sektor angestoßen. Hinzu kommen neue Wettbewerber, EU-Regeln und Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden. Während Traditionsunternehmen künftig neue Wege gehen müssen, sollten auch Anlegende nicht mehr ausschließlich auf Bewährtes vertrauen.
Die Veränderungen in der Automobilindustrie sind nicht nur an großen Trends, sondern bisweilen auch an kleinen Details zu erkennen. Etwa an der Internationalen Automobil-Ausstellung, die seit 2021 unter dem Namen „IAA Mobility“ stattfindet. Diese vermeintlich kleine Anpassung unterstreicht den Wandel der Branche – weg von klassischen Autos als Statussymbol hin zu smarten Mobilitätslösungen, die innovative Technologien mit wegweisenden Antriebskonzepten verbinden.
Software im Automobilbereich immer wichtiger
Die Digitalisierung der Industrie ist unter anderem am immer umfangreicheren Entertainment-Angebot im Fahrzeug-Cockpit zu erkennen, das auch die kontinuierlich steigenden Kundenbedürfnisse erfüllt. Weil sich die benötigte Software in puncto Funktionalität und Komfort an höchsten Standards orientiert, drängen auch Tech-Giganten auf den Markt, die ursprünglich aus ganz anderen Bereichen bekannt sind – Apple mit CarPlay und Google mit Android Auto.
Gleichzeitig steigt auf dem Weg zum autonomen Fahren die Zahl der Fahrerassistenzsysteme, sodass immer mehr Start-ups versuchen, die zunehmend komplexen Anforderungen mit innovativen Software-Lösungen abzudecken. Ein Beispiel dafür ist das israelische Unternehmen Imagry, das ein kartenloses Fahrsystem entwickelt hat – eine Technologie, die Bilder in Echtzeit-Daten mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) verarbeitet. Auf KI basiert auch das System des ungarischen Unternehmens aiMotive, dessen Software etwa virtuelle Simulationsumgebungen aufbauen, Fahrsituationen nachstellen oder umfangreiche Testläufe simulieren kann. Beide Unternehmen sind Beispiele für den Fortschritt im Bereich der Fahrerassistenzsysteme, sind allerdings noch nicht in Deutschland börsennotiert.
Elektromobilität als Türöffner
Beim Thema Elektromobilität spielen deutsche Marken auf dem internationalen Markt nur eine Nebenrolle. Mittlerweile haben hiesige Hersteller zwar mehr E-Modelle im Portfolio, doch beim weltweiten Absatz liegen sie weiterhin deutlich hinter BYD und Tesla. Während die beiden Marktführer 2022 zusammen rund 3,16 Millionen Elektroautos verkauften, setzten die drei größten deutschen Hersteller Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz insgesamt etwa 1,1 Millionen E-Modelle ab. Hinzu kommt, dass der chinesische Hersteller BYD inzwischen auch auf den europäischen Markt drängt.
Die Wende zur E-Mobilität – 2022 wurden weltweit rund 10,8 Millionen neue Fahrzeuge zugelassen, mehr als dreimal so viele wie noch zwei Jahre zuvor – verändert aber auch die Infrastruktur. Schließlich müssen Ladesäulen gebaut, das Stromnetz verbessert und Batterien hergestellt werden. Die Transformation berührt also nicht nur Autohersteller, sondern auch zahlreiche weitere Branchen und Unternehmen.
Auch die Legislative treibt die Entwicklung voran, zum Beispiel durch strengere CO₂-Emissionsnormen für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, auf die sich die EU-Mitgliedsstaaten im März 2023 geeinigt haben. Und spätestens 2035 ist generell Schluss, dann dürfen mit wenigen Ausnahmen nur noch elektrische Neuwagen verkauft werden.
Wandel mit Chancen und Risiken
Die Automobilbranche befindet sich in einem weitreichenden Umbruch, große Unternehmen und kleine Start-ups drängen auf den Markt, etablierte Hersteller und Zulieferer müssen sich neu positionieren, um ihren Erfolg auch mittel- und langfristig zu sichern.
In diesem insgesamt sehr volatilen Umfeld sind Investments in einzelne Player entsprechend riskant. Weil der globale Mobilitätsbedarf im Zuge von Bevölkerungswachstum und Urbanisierung weiterhin steigen dürfte, bietet die Branche aber auch viele Chancen für Anlegende.