Schwacher Euro – und nun?
Welche Folgen der Euro-Einbruch hat
Der Euro auf Talfahrt: Bis vor kurzem war die gemeinsame Währung der 19 Euro-Länder stets stärker als der US-Dollar. Doch seit Monaten geht es mit dem Euro abwärts. Mitte Juli, konkret am 12. Juli 2022, sackte sein Kurs erstmals seit Oktober 2002 auf Parität mit dem Dollar. Das bedeutet: Die gemeinsame Währung der Eurozone war mit dem US-Dollar gleichgezogen, beide Währungen hatten sich auf einen Wechselkurs von 1:1 angeglichen. Danach war der Euro sogar zeitweise weniger wert als der Dollar. Ist der Euro stabil? Davon kann momentan keine Rede sein.
- Geschichte des Euro: Der Euro war 1999 zunächst als Buchgeld eingeführt worden. Die Ausgabe an die Verbraucherinnen und Verbraucher erfolgte ab dem 1. Januar 2002. Seitdem war der Euro mehr wert als der Dollar. Ein Rekordhoch erreichte er mit 1,6038 im Juli 2008 – mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Nun also der Kurs des Euro auf Parität. Das hat Experten zufolge zwar keine besonderen wirtschaftlichen Auswirkungen. Sinkt der Kurs unter Parität, dürfte das dem internationalen Ruf des Euro eher schaden als nutzen. Je niedriger der Wechselkurs der Gemeinschaftswährung ist, desto stärker werden im Verhältnis andere Währungen wie etwa der Dollar.
Währungskurs Euro zu Dollar: Warum die Währung der Eurozone derzeit so schwach ist
Fachleute führen die derzeitige Euro-Schwäche im Wesentlichen auf zwei Gründe zurück:
- Starker Dollar: In den vergangenen Monaten hatte der Dollar auch im Vergleich mit anderen Währungen kräftig zulegen können, etwa gegenüber dem britischen Pfund oder der chinesischen Währung Renminbi. Weil die US-Notenbank Fed ihren Leitzins schon mehrfach erhöht hat, konnte der Dollar erstarken. Sind die Zinsen in den USA höher als in der Eurozone, legen Investorinnen und Investoren in den Vereinigten Staaten tendenziell eher dort ihr Geld an. In der Folge fließt mehr Kapital in die USA, der Wert des Dollars steigt – und damit auch der Wechselkurs. Wegen der Inflation hat die EZB im Juli 2022 erstmals seit elf Jahren den Leitzins von Null auf 0,50% erhöht. „Es ist gut, dass sich der EZB-Rat zu einem großen Zinsschritt durchgerungen hat“, sagt dazu der Ökonom Friedrich Heinemann vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung mit Sitz in Mannheim. Die FED hat dagegen in diesem Jahr schon viermal den Leitzins erhöht, zuletzt Ende Juli. Er liegt nun in einer Spanne von 2,25 bis 2,5%.
- Sorge vor einer Wirtschaftskrise: Die weit verbreitete Sorge vor einer Wirtschaftskrise in der Eurozone verunsichert ebenfalls viele Anlegende. Im Gegensatz zu den USA sind Euro-Länder wie etwa Deutschland stark von russischen Energieimporten abhängig. Ein Lieferstopp hätte extrem negative Folgen für die Währungsunion.
Welche Folgen hat schwache Euro für
- Den Import: Importeuren kommt der schwache Euro ungelegen. Der Grund ist simpel: Sie bekommen in Ländern außerhalb der Eurozone weniger Waren für ihr Geld. Nach Deutschland eingeführte Waren dürften also teurer werden. Das bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher zu spüren, denn sie müssen noch tiefer in die Tasche greifen, um die Kosten zu stemmen. Wegen der steigenden Preise ist übrigens die Stimmung auf ein neues Allzeittief gesunken: Der vom Marktforschungsunternehmen GfK in Nürnberg für August prognostizierte Index für August rutscht auf minus 30,6 Punkte ab.
- Den Export: Beim Export sieht es anders aus. Der schwache Euro macht es möglich, die aufgrund hoher Arbeitskosten teuren deutschen Exportschlager wie Maschinen und Fahrzeuge in Ländern außerhalb der Eurozone günstiger anzubieten. Das verschafft den Unternehmen womöglich einen Wettbewerbsvorteil und könnte die Nachfrage im Nicht-Euro-Ausland, etwa in China, ankurbeln. Das könnte den weltweit tätigen deutschen DAX-Konzernen zusätzliche Gewinne bescheren. Allerdings ist in vielen anderen Ländern die wirtschaftliche Lage ähnlich ungünstig wie in Deutschland. Wegen der schwachen Konjunktur könnte die Auslandsnachfrage eher fallen als steigen. Das dürfte den positiven Nachfrageeffekt durch den schwachen Euro zumindest ausbremsen.
- Die Energiepreise: Die ohnehin hohen Energie- und Rohstoffpreise drohen weiter zu steigen, weil das Zahlungsmittel auf internationaler Ebene der Dollar ist. Auch das dürfte sich in absehbarer Zeit empfindlich im Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher bemerkbar machen. „Wenn für Energie und Lebensmittel deutlich mehr Geld ausgegeben werden muss, fehlen diese Mittel für andere Anschaffung“, beschreibt GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl das derzeitige Konsumklima.
- Urlauber*innen: Eine Reise in ein Land außerhalb der Eurozone kann deutlich mehr Geld verschlingen. Wer etwa einen Urlaub in die USA plant, muss höhere Kosten einplanen. Vor einem Jahr gab es für einen Euro nach 1,20 Dollar, jetzt gibt es dafür nur noch etwa einen Dollar.