Keine große wirtschaftliche Magie im Jahr 2024
Zwischen ökonomischen Realitäten und einem Hauch von Optimismus
Die Jahreswende steht vor der Tür und unsere Glaskugeln laufen heiß. Nachdem wir in diesem Jahr immer wieder gefragt wurden, ob es nicht etwas optimistischer ginge, haben wir ganz genau hingesehen und tatsächlich: das Jahr 2024 könnte wieder etwas Magie für die Weltwirtschaft bereithalten – zumindest, wenn man sich bis in die zweite Jahreshälfte gedulden kann.
Eine starke Wiederbelebung der Wirtschaft wird es auch 2024 nicht geben
Insbesondere wenn es um die deutsche und die europäische Wirtschaft geht, war in diesem Jahr sehr häufig ein „bitte nicht schon wieder“ oder ein „geht es nicht etwas optimistischer?“ zu hören. Sicherlich, für einige war das Jahr 2023 wirtschaftlich besser als erwartet, da insbesondere die US-amerikanische Wirtschaft eine fast magische Resilienz bewiesen hat und Europa immerhin eine ernste Energiekrise verhindern konnte. Möglicherweise gehören Sie aber auch dem anderen Lager an, welches hauptsächlich die stotternde chinesische Wirtschaft sieht und den konjunkturellen Stillstand Europas. Wir selbst sehen, wenn wir auf das Jahr 2023 zurückblicken, ein weiteres turbulentes Jahr, geprägt von hohen Zinsen und nach wie vor hoher Inflation, und ohne große positive Überraschungen.
Schauen wir nach vorne, lässt uns der Blick auf das neue Jahr 2024 an die weisen Worte von Mary Poppins denken, die uns beibrachte, dass „ein Löffelchen voll Zucker bittere Medizin versüßt“. An dieser Stelle wäre es ratsam, sich ein solches Löffelchen voll Zucker bereitzuhalten, denn das Folgende möchten Sie sich eventuell versüßen. Das vor uns liegende Jahr wird nicht das Jahr sein, in dem die globale Weltwirtschaft eine starke Wiederbelebung erleben wird. Tatsächlich sieht es viel mehr danach aus, als ob wir eine Kombination aus den diesjährigen Trends in China und Europa und einer definitiven Landung, hart oder weich, in den USA erleben werden.
Dass unsere Aussichten fürs neue Jahr nach wie vor alles andere als optimistisch sind, liegt nicht etwa daran, dass uns für atemberaubend positive Magie die Vorstellungskraft fehlt. Es liegt schlicht und ergreifend an dem verzögerten Wirken der geldpolitischen Straffung und einem Mangel an signifikanten fiskalpolitischen Stimuli. Wir versprechen Ihnen aber, uns im nächsten Jahr der großen Herausforderung zu stellen, das Positive in dem dunklen Zauber zu finden.
Der schwebende Straßenkünstler – oder – kann eine sanfte Landung gelingen?
Denn auch wir freuen uns auf neue magische Impulse. In China dürfte das Suchen nach diesen allerdings vergeblich sein, denn die chinesische Wirtschaft dürfte im Jahr 2024 nicht an Schwung gewinnen. Die Gründe sind vielseitig. Keine neuen fiskalpolitischen Impulse, die sich scheinbar fortsetzende Korrektur im Immobilien- und Bausektor, sowie sich verändernde Handelsströme und der Versuch der USA und Europas unabhängiger von China zu werden – aus diesen Zutaten könnte selbst Cinderellas gute Fee kein Wirtschaftswunder zaubern.
In den USA und in Europa werden vor allem die nachgelagerten Auswirkungen der geldpolitischen Straffung von Fed und EZB dazu führen, dass die Konjunktur vor allem in den ersten Monaten des Jahres alles andere als zauberhaft sein wird. Wir hoffen natürlich, dass die erwartenden Landungen möglichst sanft ausfallen werden. Was die USA betrifft, fällt es allerdings schwer daran zu glauben. Es bräuchte an dieser Stelle vermutlich eine Art Schwebezauber, der allerdings ziemlich schwierig auszusprechen ist. Auf dem konjunkturellen Hosenboden landen wird daher auch die europäische Wirtschaft. Allerdings, wer nicht wirklich hoch geflogen ist, kann auch nicht so tief fallen – die wirtschaftliche Bodenbildung in Europa dürfte sich dementsprechend eher wie eine Verlängerung der aktuellen Stagnation anfühlen. Positiverweise dürfte die wirtschaftliche Schwäche dazu führen, dass der Inflationsdruck im Jahr 2024 weiter nachlässt, neben negativen Basiseffekten im Bereich Energie und Lebensmittel dürfte es dann tatsächlich sinkende Preise geben – zumindest für eine Weile. Und auch wenn das dem ein oder anderem so vorkommen mag: von Zauberei kann dann keine Rede sein, eher von einem geldpolitischen Transmissionsprozess wie er im Buche steht.
Der verwandelte Geldschein – oder – die deutsche Haushaltskrise
Und in Deutschland? Bereits seit dem Sommer steht Deutschland unter Beobachtung und der Rest Europas stellt sich die Frage, ob Deutschland wieder „der kranke Mann“ in den eigenen Reihen sei. Nun, kurz vorm Jahreswechsel, fällt das Wegsehen nochmal deutlich schwerer. Nicht aber, weil die deutsche Wirtschaft voller Magie erstrahlt, sondern weil die über Nacht verschwundenen 60 Milliarden Euro gezeigt haben, dass es durchaus auch Umkehrzauber geben kann – vor allem, wenn bei der Budgetplanung der ein oder andere Trick zu viel angewandt wird. In Konsequenz droht Deutschland sich aktuell in eine selbstverschuldete politische und wirtschaftliche Lähmung zu begeben, und das, obwohl kein anderes Land Europas eine so niedrige Schuldenquote aufweist. Die fiskalpolitische Unterstützung für die lange Liste an Veränderungen mit einem ausgeglichenen Haushalt in Einklang zu bringen, wäre wirklich eine zauberhafte Meisterleistung. Hoffen wir, dass es der Bundesregierung noch gelingt, eine magische Lösung im Haushaltsstreit zu finden, denn je länger sich die Unsicherheit hinzieht, desto wahrscheinlicher ist es, dass Deutschland in eine Rezession rutscht.
Kein „Bibbidi-Bobbidi-Boo“, dafür aber Hoffnungsschimmer
Dennoch, es gibt auch Hoffnung. Und manchmal verbirgt sich diese im Dunkeln. Denn aufgrund der nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik und dem damit verbundenen Inflationsrückgang werden die Zentralbanken rund um den Globus die Zinsen senken können. Der Zinssenkungszyklus wird zwar keinesfalls so aggressiv ausfallen wie der Zinserhöhungszyklus, sondern es wird sich vielmehr um ein graduelles Reduzieren der Leitzinsen handeln, doch zum Sommer dürfte die geldpolitische Wende nicht nur den wirtschaftlichen Ausblick, sondern auch unsere Laune deutlich heben.
Zugegeben, insgesamt können wir auch für 2024 noch kein wirklich optimistisches Bild zeichnen – doch es wird besser werden. Auch wenn wir länger darauf warten müssen, als uns lieb ist. Wirklich schade, dass es für die Konjunktur kein „Bibbidi-Bobbidi-Boo“ gibt.