Zinssenkungen in Sicht
Was das für Ihre Geldanlage bedeutet
Bei ihrer jüngsten geldpolitischen Sitzung im April 2024 hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinssätze erwartungsgemäß ein weiteres Mal unverändert belassen. Der Leitzins, zu dem sich Banken Geld bei der EZB leihen, beträgt nach wie vor 4,5%. Der Einlagenzins, den Banken für Einlagen bei der Notenbank erhalten, bleibt auf dem Rekordniveau von 4,0%. Doch bei der nächsten Sitzung am 6. Juni könnte die Zinswende kommen.
Mögliche Zinswende
Erstmals haben die Euro-Währungshüter und -hüterinnen um EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine Zinssenkung im nächsten Monat in Aussicht gestellt. Diese sei „angemessen“, hieß es in der Erklärung nach der Sitzung etwas kryptisch, wenn „eine aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht des EZB-Rats weiter stärken, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert“. Im jüngsten Sitzungsprotokoll des Rats, das die EZB Mitte Mai veröffentlichte, war ein Satz schon deutlich konkreter: „Es wurde als plausibel angesehen, dass der EZB-Rat in der Lage sein würde, auf der Juni-Sitzung mit einer Lockerung der geldpolitischen Restriktionen zu beginnen.“
Die Argumente für die Zinswende werden EZB-Chefvolkswirt Philip Lane zufolge stärker. Dafür spreche die nun auch bei den Dienstleistern nachlassende Inflation, sagte er der spanischen Zeitung „El Confidencial“ Anfang Mai. ING Chefvolkswirt Carsten Brzeski rechnet ebenfalls damit, dass die EZB in ihrer nächsten Sitzung erste Zinsschritte in Richtung einer Lockerung der restriktiven Geldpolitik beschließt. Allerdings sei man sich innerhalb des Rates aktuell nicht ganz einig darüber und habe sich deshalb noch auf keinen Pfad festgelegt, erklärt er in seinem Podcast „Carsten’s Corner“.
Inflation im Euroraum schwächt sich ab
Die Inflation war im Herbst 2022 zeitweise auf mehr als 10% gestiegen. Zehn Zinsanhebungen der EZB zwischen Sommer 2022 und September 2023 führten daraufhin dazu, dass die Inflation wieder stark zurückging. Zuletzt lag sie im Euroraum bei 2,4% im April – nahe der EZB-Zielmarke von 2,0%.
Bei den meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation ist den EZB-Währungshütern zufolge eine Entspannung zu verzeichnen. Das Lohnwachstum schwäche sich ab und die Unternehmen fingen über ihre Gewinne einen Teil der steigenden Arbeitskosten auf.
EZB könnte Leitzinsen mehrmals senken
Ein Unsicherheitsfaktor bleibt die Entwicklung im Nahen Osten: Eine dortige Eskalation des Konflikts könnte die Ölpreise in die Höhe treiben. „Falls höhere Ölpreise das Wirtschaftswachstum wieder deutlich entschleunigen, wird die EZB mit Zinssenkungen weitermachen“, prognostiziert Carsten Brzeski. Er rechnet mit mindestens zwei weiteren Zinsschritten im Laufe dieses Jahres und möglicherweise mit einem dritten Schritt zum Jahresende – „je nachdem, wie schwach die wirtschaftliche Entwicklung und beherrscht die Inflationsentwicklung ist.“
In seiner Konjunkturprognose geht der Bundesverband deutscher Banken davon aus, dass das Wirtschaftswachstum im Euroraum mit 0,5% auf dem gleichen Niveau liegen wird wie im Vorjahr. Die wirtschaftliche Dynamik bleibe deutlich hinter der Entwicklung in anderen wichtigen Wirtschaftsräumen zurück, was auf hartnäckige, strukturelle Wachstumsprobleme hindeute.
Jetzt bei Tages- und Festgeld einsteigen
Senken die Währungshüter der EZB die Leitzinsen, könnte es mit den stattlichen Tagesgeld- und Festgeldzinsen vorbei sein. Laut einer Analyse des Online-Vergleichsportals Verivox haben die Festgeldzinsen Ende des Jahres 2023 ihren Höhepunkt erreicht. Geschäftsführer Oliver Maier rät daher, zu den derzeitigen Konditionen zu investieren: „Wer sein Geld zum aktuellen Zinsniveau fest anlegt, sichert sich hohe Erträge für einen längeren Zeitraum.“
Beim Festgeld sind die Laufzeit und der Zinssatz von Anfang an festgeschrieben. Da Ihr Geld auf einem Festgeldkonto jedoch über die gesamte Laufzeit gebunden ist, sollten Sie nur so viel investieren, wie Sie in den nächsten Monaten und Jahren entbehren können.
Beim Tagesgeld, auf das Sparende jederzeit zugreifen können, können die Kreditinstitute ihre Konditionen – anders als beim Festgeld – an die aktuelle Marktentwicklung anpassen. Verivox beobachtet daher allgemein noch keine sinkenden Tagesgeldzinsen. Bei der ING können Sie sich attraktive Zinsen mit dem Extra-Konto sichern.
- Gut zu wissen: Fest- und Tagesgeldanlagen sind EU-weit über die sogenannte Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro pro Kundin und Kunde sowie Bank abgesichert. Etliche Banken sichern sogar höhere Beträge ab.