Warum sich die grüne Transformation auch für kleine und mittlere Unternehmen lohnt
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Dieser gelegentlich (vermutlich fälschlicherweise) Friedrich Schiller zugeschriebene Satz, der die Notwendigkeit der Bereitschaft zum Wandel illustriert, zeigt seine Gültigkeit oft gerade in turbulenten Zeiten. Zeiten, in denen man sich doch instinktiv eigentlich gerne an Bestehendes und Bewährtes klammern würde.
Mit Blick auf die Energiewende ist „nicht mit der Zeit“ zu gehen aktuell keine Option. Für einige Akteure wie Politik und Energieversorgungsunternehmen ist es besonders naheliegend, sich mit unserer Energieversorgung und ihrem Umbau zu befassen. Auch wenn der Klimawandel eigentlich schon Grund genug hätte sein sollen, werden insbesondere seit Beginn des Kriegs in der Ukraine Energieeinsparungen und der Umstieg auf erneuerbare Energien forciert. Das gilt auch für Industriekonzerne, deren Energieverbrauch oft dem von Großstädten entspricht.
Aber auch kleine und mittlere Unternehmen horchen bei dem Thema auf. Laut einer Studie der KfW waren die Energiekosten für mehr als die Hälfte der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland allein in den Monaten Januar bis April 2022 bereits um 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Und die gestiegenen Kosten können nicht ewig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden.
Auch KMU haben Handlungsmöglichkeiten
An den hohen Energiepreisen können Unternehmen zwar nichts direkt ändern. Allerdings gibt es Handlungsmöglichkeiten, um die Energieeffizienz zu steigern und die Kosten somit indirekt zu beeinflussen.
Dabei kann man zunächst einmal darauf achten, stets am Ball zu bleiben und sich mögliche Unterstützung nicht entgehen zu lassen. Das erste 5-Milliarden-Hilfsprogramm des Bundes beispielsweise sah einen Zuschuss für Unternehmen mit stark gestiegenen Energiekosten vor, der jedoch nur innerhalb eines knappen Zeitrahmens von wenigen Wochen beantragt werden konnte. Doch langfristig hilft gegen die Verteuerung von Energieträgern nur, sich von diesen möglichst unabhängig zu machen.
Daher greift auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle den Unternehmen mit Fördermitteln unter die Arme. Förderungsfähig sind beispielsweise Investitionen zur Erhöhung der Energieeffizienz oder Maßnahmen zur Prozessoptimierung hinsichtlich Rohstoff- und Energieverbrauch. Die Kosten der grünen Transformation, die, einer Umfrage der KfW nach, für die meisten der kleinen und mittleren Unternehmen das größte Hemmnis darstellen, können so also reduziert werden. Und auch langfristig lohnt sich die Investition in grün: Um bis zu zwei Drittel lassen sich die Energiekosten laut Bundeswirtschaftsministerium durch entsprechende Investitionen senken.
„Low hanging fruits“ ernten
Was im Großen hilft, kann auch im Kleinen sinnvoll sein: Ein scharfer Blick auf den aktuellen Energieverbrauch und die Effizienz der eingesetzten Geräte, Maschinen und Fahrzeuge tut Not. Besonders wenn das Thema in der Vergangenheit noch nicht im Fokus stand, gibt es oft noch einige „low hanging fruits“ zu ernten, bei denen mit vergleichsweise geringem Aufwand große Einsparpotenziale realisiert werden können. Durch effiziente Lichtsysteme lassen sich beispielsweise 70 Prozent des Energieverbrauchs in diesem Bereich reduzieren.
Bei der Wärmeversorgung gibt es Einsparmöglichkeiten von etwa 30 Prozent und auch die Investition in eine entsprechende Lüftungsanlage kann den Energieverbrauch in diesem Bereich um rund ein Viertel senken.
Die eigene Stromerzeugung gerät verstärkt in den Blick
Vielleicht gibt es sogar die Möglichkeit, sich im eigenen Betrieb selbst mit Strom zu versorgen und dabei auch noch einen kleinen Beitrag zur grünen Transformation des Landes zu leisten? Ein freistehendes Betriebsgebäude in einem weniger dicht bebauten Gewerbegebiet eignet sich womöglich bestens für die Ausrüstung mit einer Photovoltaikanlage. Als landwirtschaftlicher Betrieb kommt vielleicht Windkraft oder die Stromerzeugung aus Biomasse in Frage. Auf keinen Fall sollte versäumt werden, sich über diese Möglichkeiten zu informieren – denn auch Energieberatung wird gefördert.
Bei der Frage nach dem Umfang eines solchen Umbaus hilft vielleicht ebenfalls der Blick vom Großen ins Kleine: Auch gesamtwirtschaftlich und -gesellschaftlich muss nicht nur die Stromerzeugung auf nachhaltige Quellen umgestellt werden. Bislang macht diese nämlich nur rund ein Fünftel unserer Primärenergieverbrauchs aus – den weitaus größten Anteil an fossilen Rohstoffen verbrennen wir in Kraftfahrzeugen, Heizungen und Industrieanlagen. Wenn auch hier also auf mehr Nachhaltigkeit (und mehr Unabhängigkeit vom Auf und Ab der politischen Weltlage und der Rohstoffpreise) umgesteuert werden soll, führt der Weg nur über eine Elektrifizierung dieser Bereiche und eine entsprechende Ausweitung der Stromproduktion, die über erneuerbare Quellen abgedeckt werden muss.
Sollte also die Möglichkeit bestehen, auf die eine oder andere Weise selbst Strom zu erzeugen, kann es sich lohnen, dabei über die bislang benötigte Menge hinauszudenken und bei dieser Gelegenheit auch weitere Energieverbraucher im Betrieb ins Visier zu nehmen, die bislang fossil versorgt werden – zum Beispiel die Fahrzeugflotte.
Die Transformation verursacht Kosten, aber lohnt sich langfristig
Hohe Energiepreise machen Wirtschaft und Politik bei der Umstellung unserer Energieversorgung gewaltigen Druck. Die Abkehr von einem gesamtgesellschaftlichen Geschäftsmodell, das seit Jahrzehnten auf günstige fossile Energie gesetzt hat, wird schmerzhaft werden. Doch abzuwarten und die Chance zur grünen Transformation nicht zu nutzen, dürfte langfristig teurer sein.
Nicht nur für die deutsche Wirtschaft insgesamt, sondern auch für einzelne Unternehmen besteht die Herausforderung der nächsten Jahre darin, die strukturellen Umbrüche als Chance und nicht als Hindernis zu betrachten. In die grüne Transformation zu investieren, geht zunächst mit Kosten und Produktivitätsverlusten einher, die sich nach erfolgreicher Umstellung allerdings auch rechnen dürften. Die grüne Transformation auszulassen allerdings verspricht langfristig höhere Kosten sowie den Verlust von Wettbewerbsfähigkeit.
In gewisser Weise werden wir so vielleicht auch zu unserem Glück gezwungen: Schärfere Bestimmungen zu Energieverbrauch und -quellen wären angesichts des fortschreitenden Klimawandels vermutlich ohnehin früher oder später gekommen. Je später, desto drastischer – und vermutlich noch einmal deutlich unangenehmer als die vergleichsweise milde und, zumindest dem Grundsatz nach, marktkonforme Anpassung über Preismechanismen, wie wir sie derzeit erleben.
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